Emanzipatives Wohnexperiment Einküchenhaus

Geladene Expertin im Rahmen einer Führung und Expertinnengespräch im Kollektivmodell Einküchenhaus Heimhof aus 1922, einer gebauten Wohnutopie der Ersten Frauenbewegung

Das Einküchenhaus ist eines der zehn Gebäude, die im Rahmen der Ausstellung Das Rote Wien 1919-1934 des Wien Museums der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Das Konzept des Einküchenhauses wurde 1901 durch die deutsche Frauenrechtlerin und Sozialdemokratin Lily Braun entwickelt. Ziel war die Befreiung von berufstätigen Frauen von der Mehrfachbelastung in isolierten Kleinfamilien und Stärkung der Emanzipation. Weiblich besetzte Hausarbeit sollte durch Auslagerung und zentraler Organisation von Kochen, Waschen, Aufräumen und Kinderbetreuung erleichtert werden.

1909 gründete die österreichische Sozialreformerin Auguste Fickert die Wohnungsgenossenschaft Heimhof und errichtete damit 1911 ein Einküchenhaus und Frauenwohnheim in Wien Döbling für ledige, erwerbstätige Frauen. 1922 folgte das Einküchenhaus in Wien Rudolfsheim für berufstätige Paare und Familien. Zunächst beherbergte es 25 Ein- und Zweizimmer Wohnungen, eine Großküche mit Speisesaal, eine Wäscherei, eine Badeanlage, eine Bibliothek und eine Dachterrasse. Frauen standen die öffentlichen Bereiche des Gebäudes als soziale Treffpunkte zur Verfügung. Angestellte verrichteten Kochen, Waschen und Aufräumen gegen Bezahlung. Die Wohnkosten waren damit teurer als üblich und somit nur für den Mittelstand leistbar.

Nach finanziellen Schwierigkeiten der Genossenschaft wurde das Einküchenhaus 1924 von der Gemeinde Wien übernommen. Die Haltung des Roten Wien zum Wohnmodell Einküchenhaus war jedoch ablehnend. Frauen würden damit alle Sorgen für den Haushalt abgenommen, sie würden nicht wirtschaften lernen und die seelischen Kräfte der Familie würden zerstört. Bis 1927 wurde der Heimhof auf ca. 250 Wohnungen und Kindergarten erweitert und alle Gemeinschaftsbereiche vergrößert, er blieb aber bis 1934 genossenschaftlich verwaltet. Im Zuge von Nationalsozialismus und Austrofaschismus wurden die Zentralwirtschaft und Gemeinschaftsbereiche aufgelöst und alle Wohnungen mit Küche und Bad ausgestattet.


 

Leistung
Expert*innengespräch zum emanzipativen Wohnreformmodell Einküchenhaus Heimhof, 1150 Wien

Auftaggeberin
Wien Museum

Kooperationspartnerin
Marie-Noëlle Yazdanpanah

Zeitraum
25. Mai 2019

Weblink
Orte des Roten Wien - Einküchenhaus Heimhof

Weiterführendes
Verein Einküchenhaus
Radio dérive Beitrag zum Einküchenhaus

Impressionen



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